Das Heil der ganzen Welt

Der im Jahre 1958 von dem Bildhauer Elmar Hillebrand (1925-2016) gestaltete Altar der Unterkirche hat eine ungewöhnliche Form. Seine bis zur Raumdecke aufragenden Pfeiler erfüllen die gleiche Funktion, die nach der ersten Bauplanung der Wurzelsäule zugedacht war: sie 'tragen' den Altar der Oberkirche, der sich unmittelbar über ihnen erhebt. Ihre Wucht wird abgemildert durch versetzt angeordnete rechteckige Durchbrüche, in denen Lichter angezündet werden können. Schon lange vor der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils wurden hier die Messen zu den Gläubigen gewandt gelesen.

In das Sepulcrum der Altarmensa wurden Reliquien der römischen Märtyrerinnen Florentia und Hilaria eingeschlossen, aber auch Erde aus dem KZ Dachau, ein Stück Stacheldraht aus dem Warschauer Ghetto sowie je ein Stein aus dem Hain Mamre, dem Humayungrab in Delhi, aus Qumram, Ephesus, dem Hirtenfeld von Bethlehem und der Auferstehungsstätte in Jerusalem.

Dies sollte den ökumenischen Charakter der Gedenkstätte betonen. Ökumenisch meint hier im ursprünglichen Sinne des griechischen Wortes 'Oikumene' die gesamte bewohnte Welt - ohne Rücksicht auf Volk, Konfession oder politische Überzeugung. Um dies auch sinnfällig zu verdeutlichen, fungiert eine jüdische Menora als Altarleuchter, sind an den Pfeilern zwei russische Ikonen aus der Zeit um 1800 angebracht und trägt das von Helge Kühnapfel und Toby Johannes Knopp gestaltete Gedächtniskreuz, das ursprünglich unmittelbar über dem Altar angebracht war, die Inschrift 'Om Mani Padme Hum', ein buddhistisches Mantra aus Tibet.

Hinter dem Altar befindet sich auf einem erhöhten Podest der von dem Kölner Bildhauer Toni Zenz (1915 - 2014) im Jahre 1956 gestaltete Tabernakel. Auf seiner Vorderseite setzt sich der Blutstrom des darüber angebrachten Mosaiklammes in sieben Karneolen fort. Links davon sind  ein Mann und  eine  Frau  als  Vertreter der  schuldbeladenen, erlö-

 

 Leonhard Küppers, Das Kind in der Krippe (um 1958)

 Toni Zenz, Tabernakel der Unterkirche (1956)

 

sungsbedürftigen Menschheit zu sehen, die sich dem reinigenden Blut des Lammes entgegenneigen. Das Isaiaszitat des Tabernakelstipes verweist - wie auch der siebenarmige Leuchter an der gegenüber-liegenden Seite des Raumes - auf das jüdische Volk, das  trotz allen Leidens in der Vergangenheit Gottes auserwähltes Volk war, ist und bleibt; der Ort des Zitates bezieht sein Leiden ausdrücklich in das Opfer des Lammes ein.

An den Weihnachtstagen ist vor dem Altar der Ort der Krippe der Pax-Christi-Kirche. Sie besteht nur aus einem strohgefüllten Krippentrog und dem Jesuskind. Vorbild war die Weihnachtskrippe der römischen Basilika Santa Maria Maggiore.

Seltsam leblos, bleich und nackt liegt die um das Jahr 1958 von Leonhard Küppers (1903-85) geschaffene Figur da - zum einen ein Hinweis auf die so für jeden sichtbare wahrhaft menschliche Natur Jesu. Vor allem der Verzicht auf jegliche Idealisierung des Äußeren verdeutlicht: Gottes Sohn ist wirklich Mensch geworden - ein Mensch wie wir.

Zum anderen aber ist das Kind im Kontext der Namen zu sehen: Das Kind in der Krippe, für das kein Raum war in der Herberge, inmitten der Namen von Menschen, für die auf dieser Erde kein Platz war - ein Zeichen der Solidarität Jesu mit den Geschlagenen dieser Welt.

Dieses Kind würde in keine unserer konventionellen Krippen passen, die ja das Bild einer heilen, behaglichen, jedoch lebensfremden Welt vermitteln. Jesus wird in eine unbarmherzige und abweisende Umwelt hinein geboren, wofür der zugige Stall als Ort seiner Menschwerdung beredt Zeugnis ablegt.

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