Im Wandel der Zeiten

Die Kirche Pax Christi wurde auf einer Anhöhe über dem Ruhrtal im Essener Stadtteil Bergerhausen errichtet. Bereits nach der Wende zum 20. Jahrhundert gab es Bestrebungen, in dem zunächst dünn besiedelten Gebiet eine Kirche zu bauen, die jedoch erfolglos blieben. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden diese Pläne aufgrund der stark gewachsenen Einwohnerzahl des Stadtteils wieder aufgegriffen. Mit der Begründung eines eigenen Seelsorgebezirks im Jahre 1949 nahmen sie Gestalt an; 1950 konnte mit dem Kirchbau begonnen werden. 

Als Patrozinium wünschte sich der Gründerpfarrer Dr. Karl Johannes Heyer 'Corpus Christi Mysticum', was jedoch vom zuständigen Generalvikariat des Erzbistums Köln missverstanden und mit der Begründung abgelehnt wurde, es gebe in Essen bereits eine St. Fronleichnamskirche. Gegen Heyers Willen erhielt das zunächst nur in Teilen fertiggestellte Gotteshaus 1952 auf Betreiben des damaligen Pfarrers der Mutterpfarrei St. Lambertus in Essen-Rellinghausen nach dem mittelalterlichen Kölner Universalgelehrten Albert dem Großen den Titel St. Albertus Magnus. 

Seit 1957, dem Jahr der Fertigstellung der Oberkirche, versuchte Heyer, durch Eingaben  die kirchlichen Behörden zu einem Patrozinienwechsel zu veranlassen. Entsprechend der schon seit 1953 bestehenden Bezeichnung der von ihm in der Unterkirche eingerichteten Gedenkstätte als Pax Christi Opferstätte wollte er den Titel 'Pax Christi' für das gesamte Gotteshaus erreichen. Doch erst das Argument, es gebe im Essener Norden, der vor der Gründung des Ruhrbistums zum Erzbistum Paderborn gehört hatte, bereits eine Pfarrei mit dem Titel St. Albertus Magnus, verhalf ihm zum Durchbruch. Neuer Patron der Kirche wurde 1968 Jesus Christus, Princeps Pacis, (Jesus Christus, Friedensfürst), zweiter Patron blieb Albertus Magnus. Das Gotteshaus wurde von nun an kurz Pax Christi genannt. 

Die Persönlichkeit dieses ersten Pfarrers hat die theologische und künstlerische Ausgestaltung der Pax Christi Kirche entscheidend geprägt. Er war der uneheliche Sohn eines jüdischen Kölner Kaufmanns und seiner katholischen Hausangestellten. Durch die Heirat der Mutter mit einem Postbeamten und seine spätere Adoption durch den Stiefvater kam er zu dem Familiennamen Heyer. Diese Umstände haben sein Leben wesentlich geprägt. 

Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er in Bonn katholische Theologie und wechselte dann bereits als Priesteramtskandidat an die Universität Breslau, um dort zusätzlich Kunstgeschichte zu studieren. Hier promovierte er 1929 über das Thema "Das barocke Chorgestühl in Schlesien". 1932 wurde er zum Priester geweiht. Über mehrere Zwischenstationen kam er 1933 als Kaplan zur Pfarrei St. Mariä Geburt in Essen, wo er sich intensiv um die Jugendarbeit kümmerte und als Mitbegründer eines 'Schriftkreises für Künstler' auch in der Künstlerseelsorge der Stadt Essen tätig wurde. Wegen seiner Jugendarbeit wurde Heyer in den Jahren bis 1941 mehrfach von der Gestapo verhört. 1940 wurde er zum Wehrdienst eingezogen, jedoch schon wenige Monate später wegen seines jüdischen Vaters als "nicht verwendungsfähig" aus der Wehrmacht entlassen.

Über die Zwischenstationen Köln und Berlin, wo er wegen seiner jüdischen Abkunft sich nicht nur erneut Verhören durch die Gestapo unterziehen musste, sondern  auch  Ablehnung durch geistliche Mitbrü-

Dr. Karl Johannes Heyer (1958)

 

der erfuhr, gelangte er nach Kriegsende wiederum nach Essen. Hier wurde ihm 1949 schließlich der Aufbau einer neuen Gemeinde im Essener Stadtteil Bergerhausen übertragen, der späteren Pfarrei Pax Christi. Er betreute weiterhin als Seelsorger den 'Schriftkreis für Künstler', wurde sogar 1957 durch den Kölner Erzbischof zum Künstlerseelsorger ernannt. Auch setzte er sich intensiv für die Ökumene und die deutsch-französische Aussöhnung ein. Nach seiner Emeritierung lebte er im Kölner Vorort Rodenkirchen, wo er 1995 starb.

Nach Heyers Emeritierung 1975 übernahm Franz Josef Steprath in Zusammenarbeit mit der Gemeindereferentin Anne Trappe die Leitung der Pfarrei. 2008 verlor die zweitkleinste Kirchengemeinde Essens im Zuge der ersten Strukturreform des Bistums ihren Status als selbstständige Pfarrei und wurde Filialkirche der neuen Großpfarrei St. Laurentius in Essen-Steele.

Im Zuge der zweiten Strukturreform des Bistums Essen, die alle seine Pfarreien einschneidenden Sparzwängen unterwarf, wurden im Jahre 2018 sämtliche Filialkirchen der Pfarrei St. Laurentius, darunter auch die Pax Christi Kirche, als "für die pastorale Entwicklung der Pfarrei nicht unbedingt notwendig" eingestuft und damit zur Disposition gestellt. Mit Wirkung vom 1.Oktober 2020 wurde das Gotteshaus an die rum-orthodoxe Gemeinde Essens vermietet, die den Innenraum der Oberkirche nach den Erfordernissen der orthodoxen Liturgie umge-staltete. Die theologische und künstlerische Gesamtkonzeption der Kirche ist immer noch erkennbar, jedoch nicht mehr so einfach und unmittelbar wie zuvor. Das Gedenken der Gewaltopfer und der katholische Gottesdienst sind weiterhin möglich, jedoch auf die Unterkirche beschränkt.

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