Rückkehr in Herrlichkeit
Eine breite spiralförmige Treppe verbindet die Unterkirche mit der Oberkirche. Sie ist nicht nur als architektonisches Element zu sehen, sondern - ebenso wie die Bildwerke der Kirche - als Zeichen. Sie führt die Aufsteigenden aus der Passion Christi und all der Opfer auf dem Boden der Unterkirche und nimmt sie hinein in die Auferstehung und Wiederkunft des Herrn, die Hauptthemen der Oberkirche sind.
Wer diese Treppe hinaufsteigt, wird als Erstes mit der Parusie konfrontiert, der Wiederkunft Christi am Ende der Zeiten, die sich auf dem großen Relief an der Stirnwand des Raumes vollzieht. Seine äußere Form spiegelt die basilikale Architektur des Kirchenbaus wider. Es wurde von Elmar Hillebrand (1925 - 2016) im Jahre 1963 geschaffen und ist das zentrale Bildzeichen der Oberkirche.
Unter Verwendung von Formelementen aus verschiedenen Stilepochen stellt der Künstler das Himmlische Jerusalem aus der Vogelperspektive dar. Das Zentrum der Stadt hat die Form einer Mandorla, einer man-delförmigen Gloriole - Symbol der Lichtkraft und Herrlichkeit Gottes.
Das Lamm der Unterkirche begegnet uns hier erneut - allerdings nicht als wehrloses Opfer, sondern in der Pose des Siegers, der sich anschickt, die Herrschaft anzutreten. Als einziges Element dieses Reliefs ist es nicht aus Stein, sondern aus feuervergoldeter Bronze.
Gold ist die Farbe des himmlischen Lichtes. Nach Offb 21,23 ist das Lamm die Leuchte der Stadt, die darum auch weder Sonne noch Mond benötigt. Es ist im Begriff, seinen Thron zu besteigen, um das Buch mit den sieben Siegeln zu öffnen, wodurch das Geschehen der Endzeit in Gang gesetzt wird (Offb 5,6 ff.).
Die Stadt Gottes hat die Form eines Vierecks (Offb 21,16). Zwölf innere Tore, die sich in zwölf Straßenschluchten fortsetzen, führen vom Zentrum in die Stadt und zu den zwölf äußeren Toren, von denen hier nur zwei angedeutet sind. Auf den vier Ecktürmen der Stadtmauer stehen vier Engel. Sie halten die vier Winde fest, die vor dem nun beginnenden Weltgericht der Erde Schaden zufügen sollen (Offb 7,1). Die Stadt wird von den sieben Gemeinden (Offb 2 f.) umgeben, die die Gesamtheit der Menschen repräsentieren. Über ihnen schweben sieben Engel, die die Posaunen des Gerichts blasen.
Vor der Altarinsel hängt an der Holzdecke das an zwei Ketten befestigte doppelseitige Bronzekreuz des erhöhten Herrn, das sog. Triumphkreuz, von Helge Kühnapfel 1965 geschaffen. Es verweist auf den Triumph des auferstandenen Christus über den Tod.
Im Zentrum der Kreuzbalken befindet sich auf der Vorderseite das Relief eines kleineren Kreuzes mit einer elfenbeinernen Christusfigur. In der Tradition der romanischen Triumphkreuze wird dieser mit einer Königskrone dargestellt; er ist mit einem stark stilisierten Lendenschutz bekleidet. Die Elfenbeinfigur ist nicht an das Kreuz genagelt; sie weist keine Wundmale auf. Mit ausgebreiteten Armen steht sie in geringem Abstand zum Kreuz auf einer Holzstütze. Das Gesicht ist dennoch das eines Leidenden mit geschlossenen Augen und offenem Mund.
An den Kreuzestod des Erlösers erinnern also nur noch die ausgestreckten Arme und das Antlitz Jesu, während die Krone, die fehlenden Nägel und Wundmale sowie der Umstand, dass er nicht am Kreuz hängt, sondern vor ihm steht, auf seinen Sieg über den Tod verweisen.
Links und rechts vom Kreuz stehen die trauernden Relieffiguren der Mutter Jesu und seines Lieblingsjüngers Johannes. Sie sind hier nicht etwa abgebildet, weil sie zur Passionsgeschichte gehören, sondern weil sie Zeugen des Kreuzestodes sind. Über dem Kreuz sind zwei trauernde Engel erkennbar.