Zeugen des Glaubens
Wer die Oberkirche betreten möchte, ohne den Umweg über die Unterkirche zu nehmen, gelangt zunächst in den Vorraum der Heiligen - ein Ort des Gebets, der Besinnung und der Konzentration vor dem Eintritt in die Kirche. Der Vergleich mit dem Atrium liegt nahe, das einer frühchristlichen Basilika vorgelagert war.
In die Westwand dieses Raumes ist ein Relief eingelassen, das den zweiten Patron der Pax Christi Kirche zeigt, den hl. Albertus Magnus. Es wurde 1974/75 von dem Kölner Bildhauer Elmar Hillebrand geschaffen.
Das Gesicht eines Mannes schaut aus dem Laub eines Weinstocks hervor. Der Körper ist für den Betrachter unsichtbar. Seine Linke greift nach einer prallen Traube, seine Rechte fasst ein aufgeschlagenes Buch.
Albert ist hier als Gelehrter dargestellt. Die mit Weinranken ge-schmückte Mitra hat er abgelegt, zum Zeichen, dass er nur für kurze Zeit und im Gehorsam gegen den Papst das Bischofsamt in Re-gensburg ausgeübt hat, um die zerrüttete Diözese wieder zu ordnen.
Der Weinstock und das aufgeschlagene Buch verdeutlichen sein weitgefächertes Interesse. Von Albert stammen nicht nur praktische Empfehlungen zur Anpflanzung von Rebstöcken, sondern auch zur Destillation von Branntwein und zur Konstruktion der dafür notwendigen Apparaturen.
Doch prägte er auch in mehreren umfangreichen theologischen Schriften das Eucharistieverständnis seiner Zeit, beschäftigte sich also mit der Traube in ihrer symbolischen Bedeutung als eucharistisches Zeichen. So ist es nicht verwunderlich, dass er nach seiner späten Heiligsprechung im Jahre 1931 zum Schutzpatron der Wissenschaftler wurde.
Vor der Südwand befindet sich eine Anna-Selbdritt-Gruppe aus dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts. Anna ist in der Witwentracht des frühen 16. Jahrhunderts mit Schleier, Hals- und Kinnbinde dargestellt. Neben ihr steht ihre Tochter Maria mit langem, gelöstem und bekränztem Haar, zwar kleiner als Anna, aber doch nicht als Kind, sondern, da ohne Kopfbedeckung, als unverheiratete junge Frau. Der Jesusknabe kniet auf dem linken Oberschenkel Annas, strebt jedoch dem Betrachter zu. Er ist nackt, ein Hinweis auf das wahre Menschsein des Gottessohnes.
Links neben dem Zugang zur Oberkirche befindet sich auf einem Sockel eine Figur, die durch zahlreiche Publikationen im In- und Ausland weithin bekannt wurde: der Hörende, von dem Kölner Bildhauer Toni Zenz 1958 geschaffen.
Die stilistisch an Ernst Barlach und Käthe Kollwitz orientierte Skulptur ist 'ganz Ohr'. Kein äußeres Zeichen lässt auf sein Amt oder seine Rolle schließen. Die Gestalt hat sich hoch aufgerichtet und streckt sich nach vorn. Sie hat die Arme erhoben und ihre Hände an die Ohren gelegt. Deren Rundung wirkt schallmuschalartig, als wollten sie das Gehörte verstärken. Die ungeheure Konzentration der Figur zeigt sich auch am zusammengepressten Mund und an den Augen, die vor Anstrengung aus den Höhlen treten. Der Blick ist nach oben gerichtet, wo sich die Quelle des Gehörten befindet.
Der ursprüngliche Titel der Figur 'Der Prophet' macht deutlich, dass es Gott ist, der zu ihr spricht. Angebracht neben der inneren Tür zum Kirchenraum ist diese Skulptur ein Appell an alle, die das Gotteshaus besuchen, die Stimmen des Alltags hinter sich zu lassen und sich auf das zu konzentrieren, was Gott ihnen zu sagen hat.
Denn Hören ist Beten, wie Sören Kierkegaard erkannt hat: "Als mein Beten immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen. Zuletzt wurde ich ganz still. Ich wurde, was womöglich ein noch größerer Gegensatz zum Reden ist, ich wurde ein Hörer.
Ich meinte erst, Beten sei Reden, ich lernte aber, dass Beten nicht bloß Schweigen ist, sondern Hören. So ist es: Beten heißt nicht, sich selbst reden hören; beten heißt, still werden und warten, bis der Betende Gott hört."